Deuternonomium  דברים

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Franz Böhmisch

 Kommentare zu einzelnen Kapiteln des Dtn

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Das Deuteronomium bildet innerhalb der fünf Bücher der Tora (Pentateuch) eine eigene Einheit mit eigener Charakteristik. Dieses Buch stellt eine literarische Fiktion dar: Mose ergreift vor dem Übergang Israels ins verheißene Land das Wort und erläutert in literarisch aufwendigen Rückblenden innerhalb eines Tages den Grundentwurf für das Leben Israels im Heiligen Land und die Basis für den Bundesschluß mit seinem Gott יהוה JHWH:

Der entscheidende Tag im Leben des Volkes Israel.

Der Name "Deuteronomium" entstammt der (Fehl-) Übersetzung von Dtn 17,17 in der griechischen Bibel: Es handelt sich eigentlich um eine Gesetzesabschrift, nicht um ein zweites Nomos. Doch trifft die griechische Titulatur insofern, als sich im Gesetzesmaterial Paralleltexten zu wichtigen Texten aus den anderen vier Büchern Genesis, Exodus, Levitikus und Numeri finden: z.B. der Dekalog Dtn 5 || Ex 20, generell die Parallelen des zentralen Teiles der dtn. Gesetze mit dem sog. Bundesbuch in Ex 20,24-23,12

Im Dtn umgibt ein äußerer Rahmen aus Reden (Dtn 1-4 <=> Dtn 29-30) einen innerer Rahmen (Dtn 5-11 <=> Dtn 27-28), der sich um den Gesetzeskern mit den dtn. Gesetzen (Dtn 12-26) legt.

Rahmen I   Dtn 1-4
Dtn 29-30  
Rahmen II     Dtn 5-11
Dtn 27-28    
Gesetz       Dtn12-26
deuteronomischer Gesetzeskern
     
Abschluß             Dtn 31-34
Abschluß

Nach Norbert Lohfink, Zur Fabel des Deuteronomiums, in: Georg Braulik (Hg.), Bundesdokument und Gesetz. Studien zum Deuteronomium (HBS 4), Freiburg u.a. 1995, 65-78 bringt das Deuteronomium die verschiedenen Reden und Gesetze in der literarischen Fiktion eines eintägigen Geschehens unter und verwendet zur Herstellung dieser Struktur eine Fabel (formaler Begriff), die die Teile des Buches zusammenhält und als einen Bundesschluß erscheinen läßt.

Strukturierende Überschriften im Deuteronomium:

Dtn 1,1 Dies sind die Worte Myrbdh  
Dtn 4,44 und dies ist die Tora hrwth twzw  
Dtn 28,69 Bundes-Worte tyrbh yrbd  
Dtn 33,1 der Segen hkrbh  

Diese Überschriften bilden eines von mehreren Strukturierungsmustern des Dtn. In den Reden des Mose, in denen er Geschehen am Horeb und in der Wüste rekapituliert, werden verschiedene Versammlungen erinnert, die durch seine "Nacherzählung" zu einem Geschehen zusammengefaßt werden.

Versammlungen

  1. 1,6-4,40 (Versammlung mit großem Rückblick auf die Geschichte Israels seit dem Geschehen am Horeb)

  2. 5-28 (Versammlung mit Gesetzesgabe)

  3. 29,1-31,8 (Versammlung mit Bundesschluß)

  4. 31,24- (Levitenversammlung)

  5. 31,30- (Ältestenversammlung)

  6. 32,44-47 (Vollversammlung Israels)

  7. 33 (Vollversammlung, in der Mose Israel segnet)

Diese einzelnen Versammlungen werden in der Fabel des Dtn zusammengebunden. Hierbei ist eine besonders wichtige Frage die Beziehung der Abschnitte Dtn 5-28 und 29,1-31,8, die in Dtn 5,1 und Dtn 29,1 (und nur dort) mit der Einleitung begonnen werden:

"Mose rief ganz Israel zusammen. Er sagte zu Ihnen ..."

Es fällt im Abschnitt der Gesetzgebung Dtn 5-28 nicht der Begriff Bund, doch wird nach Lohfink in Dtn 26,16-19 und Dtn 29,1.9f. der Vollzug des Bundes ausgedrückt, aber nicht der Begriff verwendet. Dtn 26 bildet eine Art juristischer Kommentar, während ab 29,1 die eigentliche Bundeserklärung des Mose folgt und auch der Begriff "Bund" aufscheint. Damit werden diese zwei Aufrufe des Mose an ganz Israel nicht als Einberufung von zwei Versammlungen verstanden, sondern als ein Kunstgriff, die Deklaration der Gesetzestexte und die Proklamation des Bundes in einer großen Versammlung zusammenzuspannen.

animabit  

Franz Böhmisch