Propheten

profhtai

Bibelwissenschaft

© Franz Böhmisch
Die Profeten (Propheten) in der hebräischen Bibel beinhalten auch jene Bücher, die in der griechischen Bibel unter den geschichtlichen Büchern stehen, nämlich Josua, 1 Samuel und 2 Samuel sowie 1 Könige und 2 Könige. Diese Gruppe nennt man die Vorderen Propheten. 

Die Hinteren Profeten bestehen aus den drei großen Profetenbüchern Jesaja, Jeremia und Ezechiel sowie dem Zwölfprofetenbuch (griechisch Dodekapropheton), das aus den 12 "kleinen" Profeten Hosea, Joel, Amos, Obadja, Jona, Micha, Nahum, Habakuk, Zefanja, Haggai, Sacharja und Maleachi zusammengestellt wurde.



Überschriften in den Prophetenbüchern

Klaus Koch, Profetenbuchüberschriften. Ihre Bedeutung für das hebräische Verständnis von Profetie, in: Axel Graupner u.a. (Hg.), Verbindungslinien. Festschrift für Werner H. Schmidt zum 65. Geburtstag, Neukirchen-Vluyn 2000, 165-186.

Harald-Martin Wahl, Die Überschriften der Prophetenbücher. Anmerkungen zu Form, Redaktion und Bedeutung für die Datierung der Bücher, in: Ephemerides Theologicae Lovanienses 70 (1994) 91-104.

Elemente der Überschriften:

  1. Form der Prophetie (Wort, Schauung, Ausspruch)
  2. Name
  3. Berufsbezeichnung (Maulbeerfeigenzüchter ...)
  4. Titel (Seher, Profet, ...)
  5. Ortsangabe
  6. Art des Offenbarungsempfangs (Vision, Audition, geschaut, gesehen (Unterschied), gehört, ...)
  7. Betroffenes Objekt, Empfänger
  8. Offenbarungsinhalt
  9. Königsdaten zur Datierung
  10. Genealogische Notizen (eingliedrig - mehrgliedrig)
  11. Standesinformationen
  12. konkrete Zeitangabe
  13. Wortereignisformel (Und es erging das Wort des Herrn an)
  14. Wortgeschehensformel (Wort, das erging an: Relativsatz)

Analysieren Sie folgende Überschriften bzw. überschriftenähnliche Formulierungen auf die obigen Elemente und ihre Reihenfolge. Beachten Sie dabei Mischformen, die Stellung am Anfang oder in der Mitte des Buches, die entsprechende Funktion.

Gruppe A

Am 1,1; Sach 1,1 (vgl. Jes 8,2 gegen Esr 5,1; 6,14; Neh 12,16);

Jer 1,1; Zef 1,1; Hos 1,1; Hos 1,2 !

Mi 1,1

Gruppe B

Nah 1,1; Hab 1,1; Mal 1,1;

vgl. Jes. 13,1; 14,28; 15,1; 17,1; 19,1; 21,1; 21,11; 21,13; 22,1; 23,1; 30,6

Sach 9,1; Sach 12,1 [Funktion?]

Gruppe C

Jes 1,1; Jes 6,1; Ob 1,1; Ez 1,1-3

vgl. Jes 2,1; Jes 13,1; Jes 21,2; Jes 22,1; Jes 22,5; Jes 29,7;

Ez 8,3; Ez 8,4; Ez 11,24; Ez 12,27;

Am 7,1; 7,4; Amos 7,7; 8,1; Ob 1,1; Hab 1,1; Sach. 1,8; Sach. 4,2;

Wir sammeln nach einigen min die Beobachtungen und ordnen sie zu einem Gesamtbild anhand von Tabellen

Klaus Koch, Profetenbuchüberschriften. Ihre Bedeutung für das hebräische Verständnis von Profetie, in: Axel Graupner u.a. (Hg.), Verbindungslinien. Festschrift für Werner H. Schmidt zum 65. Geburtstag, Neukirchen-Vluyn 2000, 165-186.

Nicht Sefer, sonder Dabar Wort, Chazon Vision, Massa Ausspruch.

Echte Überschrift in hebräischer Literatur eher unüblich: Eigene Buchgattung wird dem Primärleser als Ereignishorizont vorgegeben.

  1. Vier Typen von Überschriften

    1. Dabar-Muster

      a) Am 1; Jer 1;
      Worte des menschlichen Vermittlers zuerst, dann im Relativsatz Herkunft von Gott (wohl älteres Muster)
      b)Hos 1; Joel 1; Mi 1; Zef 1
      „Wort Jahwes" voran, der Name des menschlichen Vermittlers im Relativsatz nachgeschoben. Entstehen oder Geschehen des Wortes angezeigt.

      c) Jes 2,1: Zwischenstufe

    2. Chazon-Muster

      Jes 1; Obd 1; Nah 1
      Schauung, Vision als „mantisches, intuitives Wahrnehmen", „geheime Erfahrungen der Propheten" (Gunkel).
      Es fehlt ein Hinweis auf göttlichen Urheber - selbstverständlich vorausgesetzt.

      Kürzere Einheiten: Flugblattcharakter?

    3. Massa-Gruppe

      Nah 1 (zusätzlich zu Sefer-Chazon); Mal 1; Sach 9,1 (deuterosacharjanische Sammlung); Sach 12,1 (tritosacharjanische Sammlung); Jes 13 (Fremvölkerorakel des Jesajabuches)
      nachexilisch, später Sprachgebrauch. Zunächst für Fremdvölkersprüche üblich, erst später auf Israel übertragen.

    4. Wortgeschehensformel

      Verbalsatz mit „Wort Jahwes" als Subjekt und dem Perfekt:
      „Am xyz war das Wort Jahwes durch xyz an xyz geschehen ..."

      Hag 1; Sach 1. Dieselbe Formel taucht in diesen Büchern in späteren Kapiteln wieder auf (Hag 2; Sach 1,7; 7,1), so dass diese Überschriften nicht das ganze Buch abdecken, sondern nur die anschließende erste prophetische Rede.

      Ez 1 mischt zwei unterschiedliche Bucheingänge.

      Jona 1

  2. Weisheitslehren als Vorbild der Gattung

    1. Vorbild dieser Gattungen in den Weisheitsbüchern

      Vorbild dieser Gattungen findet sich in den Weisheitsbüchern: Spr 1,1; 25,1; 30,1; 31,1; Koh 1,1:

      „Sinnsprüche" oder „Worte" des X Sohn des Y.

      Appel zur Aufmerksamkeit „Hört meine Söhne" findet sich schon in altägyptischen Lebenslehren.

      Vgl. Am 1,1; 3,1; 5,1 „Hört doch ... !"

      Hos 4,1;

      Mi 1,2; 3,1; 6,1

      Joel 1

      Jes 1;

      Anders Jer: Es ist durch „Worte Jeremias" überschrieben und gliedert mit der Wortgeschehensformel sieben Teile aus. „Das Wort, welches geschehen war zu Jeremia von Seiten Jahwes wie folgt" Jer 1,2; 7,1; 11,1; 14,1 (?); 18,1; 21,1; 25,1. Nur zweimal Jer 7,1 und 11,1 wird ein Appell zur Aufmerksamkeit nachgestellt.

    2. Gattungsgeschichtlicher Überblick:

      a) Frühe Schriftprophetie von weisheitlichen Gattungen geprägt.

      b) Altägyptische Lebenslehren wirken nach.

      c) Pseudonyme oder berühmte Weisheitslehrer stehen Profeten aus niederem Stand gegenüber, die dennoch namentlich gekennzeichnet werden.

      d) Betonung des profetischen Offenbarers!